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Das Mindener Glacis – 1. Teil Unsere grüne Lunge
Das Mindener Glacis ist eine fast vollständig bewaldete Grünanlage. Die ehemalige Festungsanlage umschließt die Mindener Altstadt nahezu vollständig und wurde von den Gartenkünstlern Tatter und Trip ab 1890 zu einem Waldpark umgestaltet. Uns allen sind die Begriffe „Wald“ und „Park“ vertraut und lassen in uns unmittelbar assoziative Bilder und Vorstellung erwachsen. Oftmals differenzieren wir hierbei aber nicht, obwohl der Wald auf unterschiedlichen Betrachtungsebenen ganz unterschiedlich aufgefasst werden kann. Als ursprüngliche Wildnis, als naturferner Forst oder strukturell auch Strukturelle als Hochwald, Mittel- oder Niederwald, je nach Bewirtschaftungsform. In Stockwerken gestuft ragen mächtige Bäume erster Ordnung über die darunter befindliche Baumschicht zweiter Ordnung hinaus. In den weiteren Stockwerken finden sich Sträucher und Kräuter bis hinab zur Moosschicht. In einem Waldpark sollte der Aufbau vegetationsökologisch fundiert und mit erforderlichen Pflegemaßnahmen so gestaltet sein, dass jeder Baum sein natürliches Erscheinungsbild voll entwickeln kann ohne von ungezügeltem Konkurrenzdruck seinen Habitus zu verlieren. Als ursprünglicher Eichen-Ulmenwald der Hartholzaue hat sich das Mindener Glacis mit der Ausbreitung des Ulmensterbens ab den 1920er Jahren bis heute zu einm Eichen-Buchenwald –entwickelt. Wobei die Entwicklung nicht innehält, sondern ein Aufkahlen und Absterben der alten Eichenbäume zu beobachten ist, die unter dem zunehmendem Konkurrenzdruck der Ahornarten langfristig verloren zu gehen drohen. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz sind die ehemaligen Glaciswaldungen, die dann zum Waldpark weiterentwickelt wurden eine „historisch gewachsene Kulturlandschaft“. Das Wort Kultur beinhaltet bereits die Pflege, die neben dem gartenkünstlerischen Anspruch an einen Park, allein aufgrund der Verkehrssicherungspflicht erforderlich ist. Der Aufwand wird sich in den nächsten Jahren erhöhen, da viele der alten Buchen ihre Lebenserwartung erreicht haben und die Eichen freigestellt werden müssen.
Das Glacis ist knapp vier Kilometer lang, zwischen 25 und 175 Meter breit und weist eine Höhendifferenz von 16 Metern auf. Räumlich ist es in die Bereiche Weserglacis, Simeonsglacis, Königsglacis, Marienglacis und Fischerglacis unterteilt. Auf seiner rund 26 Hektar großen Fläche stehen etwa 3.600 Bäume. Das sind vor allem Rotbuchen, Stieleichen, Linden, Eschen, Rosskastanien und Bergahorn. Der Boden unter den alten Bäumen ist im Frühjahr mit Teppichen von Frühlingsblühern (Geophyten) wie zum Beispiel Buschwindröschen übersät. Mindestens 27 Brutvogelarten leben im Glacis, darunter auch die seltene Schwanzmeise und der Gimpel. Auch für Eichhörnchen und verschiedene gefährdete Fledermausarten wie die Breitflügelfledermaus bietet das Glacis einen Lebensraum. Ein Wegesystem mit Treppen und historischen Brücken, die renaturierte Bastau, Bauwerke, Denkmäler und Skulpturen bieten immer neue Ausblicke und Eindrücke. Das Glacis ist vielfältig nutzbar und beliebt für Freizeit und Naherholung. Das Glacis ist ein Denkmal im Sinne des § 2 Denkmalschutzgesetzes NRW. Seit dem 9. Februar 2017 ist es in die Denkmalliste der Stadt Minden eingetragen. Zudem sind Teile über den § 29 Bundesnaturschutzgesetz als „Geschützte Landschaftsbestandteile“ seit 1993 unter Naturschutz gestellt.
Für den Landschaftsarchitekten Ehm Eike Ehrig vom Büro L-A-E in Bielefeld, das mit dem Pflege- und Entwicklungskonzept für das Glacis in Minden beauftragt ist, ist das Glacis ein geschichtsträchtiges städtisches Grünsystem, mit einem bemerkenswerten Altbaumbestand und zugleich einem hohen naturschutzfachlichen und gartendenkmalpflegerischen Handlungsbedarf. In 2019 soll das Pflege- und Entwicklungskonzept fertiggestellt sein und einen planerischen Rahmen für die zukünftige Entwicklung des Waldparkes bieten.
Autor:
Ehm Eike Ehrig
Jahr:
2018 (Minden)
Typ:
Magazin
Verlag:
Eigenverlag der Stadt Minden (Minden)
ISBN / ISSN:
k.A.
Optionen:
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