Klimawandelfolgeplanung

Klimawandelfolgeplanung – ein vorausschauender Umgang mit den Folgen des Klimawandels 

Für Städte und Gemeinden werden die Antworten auf die Klimawandelprozesse immer drängender. Ein Freiraum hat deshalb über die Funktionserfordernisse hinaus, die immer schon an städtische Parkanlagen gestellt wurden, eine immer größer werdende Bedeutung für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen.

Denn längst nicht allein Bäume sind mit Hitze- und Dürreperioden sowie Schädlings- und Krankheitsbefall durch mildere Temperaturen unter Druck geraten. Auch wir Menschen leiden zunehmend unter extremen Temperaturen.

Die Klimawandelfolgeplanung ist somit die Antwort, die Landschaftsarchitektur und Freiraumplanung den sich massiv verändernden klimatischen Bedingungen entgegensetzen. So wird sich nach Lautenschlager (2009) von der Referenzperiode der Jahre 1961-1990 an über die nun anbrechenden 30 Jahre von 2021-2050 bis zum Ende des Jahrhunderts (2071-2100) die Anzahl  der Sommertage (≥ 25 °C) um den Faktor anderthalb bis zwei erhöhen, die Anzahl von Hitzetagen (≥ 30 °C) sich verdoppeln bis verdreifachen und umgekehrt der Anteil an Frosttagen (tmin ≤ 0 °C) um die Faktoren zweieinhalb bis dreieinhalb sinken sowie der Anteil der (tmax ≤ 0 °C) Eistage um den Faktor 3,7 bis 5,4 auf dann nur noch 10 bis 3 Tage sinken. Besonders erstaunlich nimmt sich die Zunahme der Anzahl von Tropennächten (≥ 20 °C) aus, die sich sogar um die Faktoren 8 – 42 erhöht.

Es bedarf nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, mit welchem Hitzestress sich Menschen in urbanen Räumen in Zukunft konfrontiert sehen werden. Selbst in ländlicheren Siedlungsgebieten ohne stadtklimatische Bedingungen wird es nur wenig erträglicher werden.

Zudem steht zu erwarten, dass die Zuwanderung von Klimaflüchtlingen zunehmen wird. Das alles wirft am Ende auch die Frage nach sozialem Ausgleich auf, der sich im öffentlichen Freiraum besonders sinnvoll und effektiv umsetzen lässt.  Das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat fördert deshalb auch Vorhaben, die nachhaltige städtebauliche Strukturen im Freiraum entwickeln und so einen Beitrag zu einer klimaresilienten, sozialen und damit auch wirtschaftlich aussichtsreichen Zukunft unserer Städte und Gemeinden leisten.

Um für solche freiraumplanerisch-städtebauliche Projekte zu werben, hat die Bundestransferstelle Städtebaulicher Denkmalschutz im Dezember 2020 eine kurze filmische Dokumentation zum Thema „Klimaschutz und Anpassung an die Folgen des Klimawandels in historischen Stadtquartieren“ produzieren lassen. Hierfür hat die Bundestransferstelle unser Pflege- und Entwicklungskonzept für die Parkanlage des historischen Glacis in Minden als eines von drei Best-Practice Beispielen der Bundesrepublik ausgewählt und mit Herrn Dipl.-Ing. Ehm Eike Ehrig ein Interview geführt, das Sie hier nachlesen können.
 

 

Was bedeutet Klimawandelfolgeplanung konkret?

Die Klimawandelfolgeplanung kann auf konzeptioneller Ebene im Rahmen von Machbarkeitsstudien, Gutachten, Pflege- und Entwicklungsplanungen Maßnahmen aufzeigen. Sie konkretisiert sich auf der Ebene der Objektplanung für eine städtische Parkanlage oder einen urbanen Stadtplatz vom Entwurf bis zum Ausführungsdetail. Wobei auf allen Planungsebenen die Frage nach der Abmilderung von Klimawandelfolgeschäden im Vordergrund steht.

Ein wesentlicher Aspekt der Klimawandelfolgeplanung ist der Umgang mit der Ressource Wasser. Planerische Lösungen, wie mit Starkregenereignissen vom konzeptionellen bis zum Ausführungsdetail umgegangen wird, sind angesichts der Klimawandelprozesse unerlässlich. Es sind planerische Antworten darauf zu geben, wie wasserdurchlässig unsere Freiräume sind, wie es uns gelingt, im urbanen Kontext Wasser zurückzuhalten, vor Ort zu speichern oder wenigstens den Abfluss so stark zu verzögern, dass es damit dem Freiraum zur Versorgung der Vegetation oder zur Kühlung durch Verdunstung und Evapotranspiration wieder zur Verfügung stehen kann. Hiervon profitieren nicht zuletzt die schattenspendenden Bäume, die wir so dringend zur Kühlung unseres Stadtklimas benötigen.

Eine andere Bedeutung in der Klimawandelfolgeplanung kommt dem Umgang mit der Einstrahlungsenergie zu und wie es vermieden werden kann, dass diese als Wärmestrahlung absorbiert wird. Es geht um helle Oberflächen, die auch durchlässig für Niederschlagswasser sind, aber auch um schattenspendende Bäume, die mit den sich wandelnden Klimaverhältnissen zurechtkommen. Besonders vor dem Hintergrund historischer Parkanlagen sollte jedoch auch gewährleistet werden, dass neue Ersatzbaumarten den vertrauten heimischen Arten in Habitus, Blüten und Blattform möglichst ähnlich sind. Denn nur so kann die historisch überlieferte Identität des Ortes erhalten bleiben.

Abgesehen von historisch überlieferten Parkanlagen benötigen wir im Freiraum in Zukunft grundsätzlich Gehölzarten, die besonders hitze- und trockenheitbeständig sind. Schattenkühle Parkanlagen und unsere heimischen Altbäume werden wir jedoch nur dann längerfristig erhalten können, wenn es uns gelingt, die Eutrophierung städtischer Freiräume einzudämmen. Denn die Eutrophierung wirkt wie ein Brandbeschleuniger für Klimawandelprozesse auf standortökologische Vegetationsprozesse und damit direkt auf die Gehölzbestände in unseren Parkanlagen. Eine Klimawandelfolgeplanung  sollte deshalb auch stets eine Oligothrophierungsstrategie beinhalten.