Publikation

Ein Berggarten am Teutoburger Wald


Zeitschrift: Westfalium

Profis lieben Herausforderungen. So war es für das Landschaftsarchitekturbüro Ehrig eine sehr reizvolle Aufgabe, einen 6.000 Quadratmeter großen Privatgarten an einem Steilhang in Bielefeld zu gestalten.

Während einer Bauzeit von vier Jahren entstand auf ausgesprochen schwierigem Gelände von 2001 bis 2005 ein Gartenparadies mit zahlreichen Treppen, Terrassen, Gartenpavillon, Brunnen, kleinem Wasserlauf, ebenen Rasenflächen und einer Holzterrasse im Hang vor der Schwimmhalle des Hauses. Das mit zwei Villen und einem Gästehaus bestandene Grundstück offenbarte zu Baubeginn einen dichten, teils alten Gehölzbestand, den es in die Gestaltungen zu integrieren galt. Umgekehrt bewirkten die heran gewachsenen Gehölze auch eine zunehmende Verschattung des Grundstücks, so dass eine Entfernung der weniger wertvollen Bäume und Sträucher die Möglichkeit bot, sonnenbeschienene Plätze zu schaffen, die mit blühenden Stauden bepflanzt werden konnten.

Terrassen in Naturstein

Das an einer Bergkuppe gelegene Gelände fällt nach allen Seiten ab. Die erheblichen Höhenunterschiede erforderten zum Teil Abstufungen von bis zu fünf Metern, um kleinere Rasen- bzw. Aufenthaltsflächen für den Freizeitbedarf zu schaffen. Naheliegend wäre eine Einfassung der hierzu erforderlichen Terrassierungen und Treppen mit dem im Teutoburger Wald anstehenden Kalkbruchstein gewesen. Dieser ist jedoch wenig haltbar und verwittert insbesondere an seinen Kanten sehr schnell. Christhard und Ehm Eike Ehrig beschafften deshalb einen ähnlich aussehenden, aber haltbareren Muschelkalk aus einem Steinbruch in Thüringen. Die umfangreichen Treppenanlagen wurden in ihren Einstiegsbereichen in Naturstein, weiter oben jedoch aus Kostengründen in Beton gefertigt. Dank geschickter Materialwahl konnten die Übergänge zwischen den Baustoffen hervorragend kaschiert werden.

Für eine mäandrierende Fließrinne zwischen einem Quellsteinquader und einem quadratischen „Wasserauge" dienten Krustenplatten aus Wesersandstein. Deren natürliche Spaltseiten erinnern an die Oberfläche eines Gletschergartens.

Die Formensprache der Pflanzen

Einen gewichtigen Anteil an der Gartengestaltung des Büros Ehrig kommt der Formensprache der Pflanzen zu. Die auffälligen, kastanienförmigen Blätter einiger Gehölze finden zum Beispiel im Berggarten ihre Fortsetzung in der Blattform des verwendeten Bodendeckers. Auch die Bepflanzung musste der kleinräumigen Facettierung des Gartens entsprechen. Denn durch die Terrassierung mit verbindenden Treppenanlagen konnten dem steilen Gelände vielfältige Kleinräume abgerungen werden, die wiederum die Möglichkeit für unterschiedliche Gartenbereiche boten. So gibt es jetzt Staudenbeete vor Mauern, Steinbeete und Schatten spendende Gehölzbereiche.

Die Treppenpfade durch den Schluchtengarten führen zu einem lauschigen Pavillon im Hang. Der vorhandene Baumbestand ermöglichte eine hervorragende Einbindung des Gartens als Ganzes in die umgebende Landschaft. Das Ende des Gartens zur Landschaft hin ist für den Blick fließend gestaltet. Vor den älteren Gehölzen zeichnen sich blühende Kamelien, große Rhododendren und Rispenhortensien auffällig ab. Die im Garten geschaffenen Strukturen wirken zu allen Jahreszeiten - auch im Winter. Gräser und Bambus, aber auch Hochstauden wurden so ausgewählt, dass sie im Herbst stehenbleiben können und für Rauhreif und Schnee eine Kulisse bilden. So kann der Blick nach draußen auch im Winter zum Erlebnis werden. Im Sommer wird der Garten trotz des schwierigen Terrains dank seiner vielen kleinen, ebenen Flächen erlebbar und für die Freizeitgestaltung nutzbar.

40 Jahre Landschaftsarchitektur Ehrig

Das Landschaftsarchitekturbüro Ehrig (L-A-E) besteht seit 40 Jahren und hat sich in dieser Zeit immer wieder durch Preise und Wettbewerbserfolge qualifiziert. Mit dem Peter-Josef-Lenné-Preis 1971 gründete Seniorchef Christhard Ehrig das Büro in Bielefeld. Zahlreiche Referenzen, darunter auch die Gesamtplanung und Durchführung der Landesgartenschau Paderborn-Schloss Neuhaus 1994, kennzeichneten den Werdegang seines Büros. Seit dem erfolgreich abgeschlossenen Studium der Landschaftsarchitektur ist auch sein Sohn Ehm Eike Ehrig im Unternehmen aktiv. Das Planungsbüro hat sich auf vier zentrale Bereiche der Landschaftsarchitektur spezialisiert: Gartenarchitektur, Gartendenkmalpflege, Freiraumplanung, und Therapiegärten. L-A-E steht heute für integrative Landschaftsarchitektur. Das heißt, das Büro geht grundsätzlich von den Ressourcen eines Ortes aus und entwickelt daraus nachhaltige Planungen und Konzepte. Zu den Kunden gehören neben Privatinvestoren auch Kommunen und Firmen mit oft hohen repräsentativen Ansprüchen. Ehm Eike Ehrig ist erster Vorsitzender des Landesverbandes Westfalen der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur e.V. und setzt sich somit auch während seiner Freizeit für die Erhaltung und Pflege der Gartenkultur ein. Gemeinsam mit Mitarbeitern und Gästen feiert das Landschaftsarchitekturbüro Ehrig sein Bürojubiläum mit der Ausstellung „GartenSichten“ des Berliner Künstlers llko Koestler. Die Vernissage im Bielefelder Sennestadthaus findet am Sonntag, dem 15. Mai 2011, um 11 Uhr statt. An der Gartenkultur interessierte Besucher sind herzlich willkommen, hfg

Autor:
Herbert F. Gruber

Jahr:
2011

Typ:
Magazin

Verlag:
Westfalium KG & Co.KG (Münster)

ISBN / ISSN:
k.A.

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