Publikation

Gedanken zur Planung: Brunnentheater, Spiegelwand, Parterre à l`angloise


Zeitschrift: Demokratische Gemeinde

Im Wettbewerb für Landschaftsarchitekten in Zusammenarbeit mit Hochbauarchitekten war eine zentrale Idee des preisgekrönten Wettbewerbsentwurfs der Arbeitsgemeinschaft Landschaftsarchitekt Ehrig, Bielefeld, und Architekturbüro Prof. Krawinkel und Partner, Paderborn, das Gartenparterre des Barockgartens zu rekonstruieren und die große Achse des Gartens vor einer überdimensionalen spiegelnden wasserberieselten Glaswand enden zu lassen und zwar auf Höhe des im vorigen Jahrhundert entstandenen militärischen Magazingebäudes, das heute als Bürgerhaus dient.

Die Glaswand war ein Teil einer großen Orangerie, die ähnlich wie im Barock exotische Pflanzen und ein Café aufnehmen sollte. Diese Idee konnte aus Kostengründen nicht zur Ausführung kommen. Der ausgeführte Entwurf zeigt als Abschluss der großen Achse nunmehr ein „Brunnentheater" mit einer 25 m breiten und 3,5 m hohen wasserberieselten spiegelnden Edelstahlwand, die in einem ebenso breiten Wasserbecken steht. Dieser Wasserspiegel, der die Illusion einer Verlängerung der Hauptachse des Schlossparks hervorruft, ist angereichert durch Wassersprudel und zwei Wasserfälle. Die Edelstahlwand steht vor einer begehbaren Mauer, von der aus man das Gartenparterre von einem erhöhten Standpunkt betrachten kann.

Mit dem Bürgerhaus bildet die begehbare Spiegelwand einen teilabgeschlossenen Innenhof, in dem sich ein Theaterpodium befindet, auf dem vor etwa 600 Zuschauern und -hörern Konzerte und andere Freiluftaufführungen stattfinden können. Die Spiegelwand sollte in Erinnerung an die große Fontäne mit einer Plastik mit dem Namen „Abschied vom Barock" gekrönt werden. Für die Plastik konnten bisher noch nicht genügend Sponsorgelder eingeworben werden.

 

Das Herzstück der barocken Gartenanlage von Schloss Neuhaus bildet das „Parterre à l'angloise", das sich vor der Gartenfront des Wasserschlosses, flankiert durch den umlaufenden Rasengürtel und die beidseitigen Lindenalleen in einem großen Rechteck erstreckt. Gegenüber der historischen Anlage des 18. Jahrhunderts hat sich sehr viel verändert. Heute bildet das Bürgerhaus den baulichen und optischen Abschluss des zentralen Gartens und macht die Rekonstruktion der früheren Gestalt nur noch in Teilen möglich. Dennoch konnten durch die Wiederherstellung des Parterres für diesen Teil des Schlossgartens die wesentlichen Bezüge zwischen dem Schloss, der Gräfte und dem Park neuerlich offengelegt werden.

Ursprünglich bezeichnet „Parterre" ein flaches Beet. Im übertragenen Sinne nennt der Begriff den repräsentativen Teil barocker Gartenanlagen, der der Gartenfront des Schlosses unmittelbar vorgelagert war. Auf dieser Fläche wurden in symmetrischer Anordnung quadratische oder rechteckige Beete angelegt und mit kunstvoll verschlungenen Arabesken und Schnörkeln aus geformten Gehölzen und niedrigen Hecken – meist Buchsbaum – geschmückt. Der sogenannte „Fond", der Boden dieser Ornamentbeete, wurde häufig mit farbigem Sand oder Kies ausgefüllt und so in die farbliche Gestaltung miteinbezogen Man bezeichnet diese Ornamente auch als „Broderien", abgeleitet von Mustern und Vorlagen für königliche Stickereien. In der Tat entnahmen Gartenarchitekten die Ideen und Muster für die Blumenparterres richtigen Musterbüchern, die damals in ganz Europa kursierten. Das Parterre à l'angloise von Schloss Neuhaus war – wie der Name ausdrückt – nach englischem Vorbild angelegt. Das bedeutet, dass hier nicht nur mit buchsgefassten Blütenrabatten, Broderieornamenten und Kiesflächen Muster auf den Boden des Parkes gezeichnet wurden, sondern zusätzlich mit grünen Rasenflächen. Derartige Parterres gibt es in Deutschland nur noch m Schwetzingen und in Schloss Augustusburg in Brühl. Mit Hilfe vieler historischer Mustervorlagen wurden aus dem im Original nur wenige Zentimeter großen, unscharfen Sauerschen Plan die Ornamente für die Gartenrekonstruktion abgeleitet. Arabesken aus niedrigen Buchsbaumhecken bilden die Umrisse der Ornamente im Parterre.

Autor:
Prof. Hubert Krawinkel

Jahr:
1994

Typ:
Magazin

Verlag:
Vorwärts Verlag GmbH (Bonn)

ISBN / ISSN:
k.A.

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